Leseprobe – Space: 1889

Aus…

Luna: der Erdenmond (Uhrwerkverlag, 2017)

ISBN-13 : 978-3958670877

Lunas Antlitz – Weiße Frau im All

Wenn der Mars eine sterbende Welt ist, so erscheint Luna den Menschen ohne Frage als eine tote. Fahl, zerrüttet und gottverlassen spannt sich ihre karge Oberfläche bis zum Horizont. Keine Farben erblickt das Auge, nur Schattierungen von bleichem Grau. Kein Ton dringt an das Ohr, nur das Rauschen des eigenen Atems, das im Helm widerhallt. Zerklüftete Berge und zertrümmerte Felsbrocken ragen aus der knochenbleichen Einöde hervor. Weite Teile ihres verdorrten Antlitzes sind vom Leichentuch des Staubes bedeckt. Spuren darin, seien sie von den seltenen Besuchern oder von kosmischen Ereignissen, bleiben ewig. Kein Wind weht sie weg, kein Wasser spült sie fort. Luna ist ein Denkmal ihrer selbst, die Mumie einer Welt. Alles hier ist erstarrt und leblos.

Doch halt, war da nicht eine Bewegung an dem Kraterrand? Sind hier nicht eben noch Fährten im Staub gewesen? Hast du nicht den Rauch aufsteigen sehen, dahinten bei der Schlucht? Oder dort, das fahle Leuchten in der Ferne?

Luna mag eine Tote sein, doch ihr Geist geht noch um, zwischen den Kratern und Schrunden. Und tief in ihrem Leib mag sich so manche Made eingenistet haben.

[…]

Das Mondinnere – Abstieg in die Finsternis

Nicht nur Kinder, sondern viele zarte Gemüter fürchten sich zuweilen vor einem Gang in den Keller. Und selbst unter gestandenen Männern wird man nicht wenige finden, die zuvor nach einer Kerze suchen, ehe sie sich die Treppe hinab trauen. Dabei ist es nicht der Gang unter die Erde, der Unwohlsein bereitet. Es sind die Dinge, die einen dort erwarten: Hier lauert vielleicht eine dicke Spinne zwischen den Stufen, dort tut sich eine ganze Kolonie von Käfern an vermodernden Vorräten gütlich. Die feuchten Wände mögen längst von einem zähen Pilz überwuchert sein und so manches dunkle Geheimnis der Vorväter harrt, wie die sprichwörtliche Leiche im Keller, zwischen der Schmutzwäsche noch seiner Entdeckung. Doch wirklich beunruhigend ist die Finsternis, mit dem Rascheln und Knistern, dem Glucksen und Tropfen in ihr, die der zitternde Schein der Flamme nur gerade eben zu verdrängen, nicht aber zu beseitigen vermag. Vor allem ist es aber die Ungewissheit, was sich alles in dieser Dunkelheit verbergen könnte.

Doch wer sich dennoch hinab wagt, mag vielleicht Konserven voller süßer Früchte vorfinden oder einen Wein, der über viele Jahre erst hier zum Besten gereift ist.

In diesem Sinne ist das Innere des Mondes wie der Keller des Sonnensystems: Verborgen, schmucklos und doch voller wundersamer Überraschungen.

[…]



Weitere Titel der Space:1889-Reihe in denen Sie meine Texte finden können:


Space: 1889 – Das Neue Ätherversum 2 (2017)

ISBN-13 : 978-3958671010

Space: 1889 – Das Neue Ätherversum (2016)

ISBN-13 : 978-3958670655

Space: 1889 – Der Merkur (2014)

ISBN-13 : 978-3942012560

Space: 1889 – Die Venus (2014)

ISBN-13 : 978-3942012966

Space: 1889 – Der Spielleiterschirm (2013)

ISBN-13 : 978-3942012720

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